Die österreichische Metapianistin und die griechische Waldhornistin stimmen unerwartet dunkle und althergebracht klingende Lieder an. Ja, nicht nur Töne, Lieder, das bekannte, schon von Chalkias Lakis und Eleftheria Arvanitaki angestimmte ‘Giánni mou to mantíli sou’ aus Epirus, von Patmos und den Kykladen ‘Varka mou bogiatismeni’, das Giorgos Batis schon 1935 aufgenommen und Martha Frintzila, a capella, unvergesslich gemacht hat. Giánni lebt in Xenitia, in der Fremde, und fünf Flüsse bringen den fremden Schmutz nicht aus seinem Taschentuch. Auch das Herz derer ist schwarz, deren Boot nicht schwimmt, mit Hilfe der Madonna soll denen die Hose zerreißen, die Waisen im Stich lassen. Wenn Schmoliner als ‘Frau im Berg’ sich vor den Karren span-n-n-n-nt, belädt sie ihn mit Eiern, Brot und Schlamm. Das Horn tutet dazu trist und monoton, aber auch feierlich und urig, Saiten sirren wie elektrorasiert. Kakaliagou, als bloße Zeitkratzer-Bläserin offenbar unterschätzt, geht der Diaspora-Blues von den Lippen wie bitterer Honig. Schmoliner singt gewagter, ihre Frau zittert vor Hunger und Frost, das Horn ein einziges Fauchen und Brummen, das Piano windschief verstimmt. ‘Goldgefüllter Lippenrand’ kreist als pingendes Windrädchen, das Horn küsst dazu mit Goldmund. Die ‘Schlangenfrau’ tanzt zu Röhrenglockendingdong, Kakaliagou zischt, blubbert und zungenredet mykenisch. ‘Varka mou bogiatismeni’ aber betet sie zag zu ominös dröhnendem Piano und beklemmtem, wie eine Robbe heulendem Horn. Die Beklemmung überträgt sich durch und durch. Trister kann ein Marienlied kaum klingen. [BA 94 rbd]
Re√iew: NABELÓSE (Bad Alchemy #94)
Die österreichische Metapianistin und die griechische Waldhornistin stimmen unerwartet dunkle und althergebracht klingende Lieder an. Ja, nicht nur Töne, Lieder, das bekannte, schon von Chalkias Lakis und Eleftheria Arvanitaki angestimmte ‘Giánni mou to mantíli sou’ aus Epirus, von Patmos und den Kykladen ‘Varka mou bogiatismeni’, das Giorgos Batis schon 1935 aufgenommen und Martha Frintzila, a capella, unvergesslich gemacht hat. Giánni lebt in Xenitia, in der Fremde, und fünf Flüsse bringen den fremden Schmutz nicht aus seinem Taschentuch. Auch das Herz derer ist schwarz, deren Boot nicht schwimmt, mit Hilfe der Madonna soll denen die Hose zerreißen, die Waisen im Stich lassen. Wenn Schmoliner als ‘Frau im Berg’ sich vor den Karren span-n-n-n-nt, belädt sie ihn mit Eiern, Brot und Schlamm. Das Horn tutet dazu trist und monoton, aber auch feierlich und urig, Saiten sirren wie elektrorasiert. Kakaliagou, als bloße Zeitkratzer-Bläserin offenbar unterschätzt, geht der Diaspora-Blues von den Lippen wie bitterer Honig. Schmoliner singt gewagter, ihre Frau zittert vor Hunger und Frost, das Horn ein einziges Fauchen und Brummen, das Piano windschief verstimmt. ‘Goldgefüllter Lippenrand’ kreist als pingendes Windrädchen, das Horn küsst dazu mit Goldmund. Die ‘Schlangenfrau’ tanzt zu Röhrenglockendingdong, Kakaliagou zischt, blubbert und zungenredet mykenisch. ‘Varka mou bogiatismeni’ aber betet sie zag zu ominös dröhnendem Piano und beklemmtem, wie eine Robbe heulendem Horn. Die Beklemmung überträgt sich durch und durch. Trister kann ein Marienlied kaum klingen.
[BA 94 rbd]